Nix zu verlieren

von
André Wyrwa

Tim Robbins sitzt auf der Bettkante, schaut bierernst in die Kamera und labert einen hübsch rücksichtslosen Text herunter, dessen Inhalt ist, wie wenig derjenige - besser diejenige, zu der er spricht, noch körperlich reizt.

Schnitt. Wir sehen Kelly Preston, die ebenfalls bierernst, ja, nahezu betroffen die harten Worte entgegennimmt, um plötzlich in Gelächter auszubrechen. Schnell wird klar, daß dies nur ein Spiel zwischen einem glücklichen Päärchen ist. Das Spielchen wird umgedreht und sie ist an der Reihe, erzählt von ihren "Erfahrungen" mit anderen Männern. Erneut erfolgt eine Auflösung und man nimmt sich in den Arm. Schnitt.

Ein poppiger Titelsong ertönt, die Leinwand wird schwarz und der Vorspann benennt die Darsteller und sontige Beteiligte.

Schwungvoll fängt sie an, diese Komödie um den Weißen Nick, den seine Frau mit seinem Chef betrügt, der kurz darauf vom schwarzen Straßenräuber T. (Martin Lawrence) überfallen wird und der in diesem Moment zu der Überzeugung gelangt, daß er nunmehr nix zu verlieren hätte und deshalb aus seinem gewohnten Leben aussteigt und beschließt, sich mit T.'s Hilfe an seinem Chef zu rächen.

So zeigt sich die Situation bereits nach wenigen weiteren Szenen. Alles hat sich gewandelt, auch die Musik, die erinnert nun eher an Country bis Jazz, ist aber weiterhin sehr schwungvoll.

Nick und T. kommen sich nur schwerlich näher, ein Prozeß, in dem sich viel Humor unterbringen läßt, da können Sprüche geklopft werden, da kann gelabert werden, Mimiken, Gestiken, für alles ist Platz, wenn ein weißer Business-Waschlappen und ein schwarzer Verlegenheits-Ganove Probleme mit den jeweiligen Geflogenheiten haben.

Aber natürlich werden sie dadurch letztendlich nur umso bessere Freunde und gehen letztlich gemeinsam durch dick und dünn.

Beide Rollen sind gut besetzt, werden prima ausgefüllt, so daß es Spaß macht, sich davon berieseln zu lassen und seinen Lachmuskeln hier und da freien Lauf zu lassen. Man amüsiert sich also...und amüsiert sich...und dennoch stellt man fest, daß einen das ganze nicht vom Hocker reißt. Und warum?

Weil es reichlich wenig originell ist.

Martin Lawrence ist Martin Lawrence, wie Martin Lawrence schon immer war, und Tim Robbins ist Tim Robbins, wie Tim Robbins schon immer war. Und die Story ist eine Story, wie sie immer sind, wenn es daraum geht, eine Komödie zu kreieren, über die die Zuschauer sich totsicher amüsieren, eine lockere Story, die unbemerkt dahinrieselt, während der Zuschauer lächelt und lacht und lächelt. Natürlich muß sie auch hier und da Mitgefühl erwecken, aber nicht zu viel bitte, und freilich gehört auch ein Happy-End dazu, so daß die Welt wieder heil ist, wenn der Bezauberte das Kino verläßt. Um das ganze perfekt zu machen, nimmt man noch eine Portion zeitgenössische und vor allem schwungvolle Musik, die ins Ohr geht - Auswahl und Zusammenspiel mit dem Filmmaterial sind tatsächlich sehr gelungen.

Regisseur Steve Oedekerk wußte was er tat und er wußte, wie er es zu tun hatte und somit gibt es nichts an diesem Film zu beklagen. Oder doch?

Nein.

Denn wer nichts riskiert, kann nichts verlieren. - Aber auch nichts gewinnen.

Am Ende löst sich alles auf und fügt sich wieder zusammen...das Leben lacht, die Sonne scheint, der Abspann startet und der Vergnügte wird von einem vertrauten HipHop-Song aus dem Kino geleitet.


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